Samstag, 24. Januar 2009
 
Schöne heile Welt - Asyl in Österreich PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Eva Kumar   
Dienstag, 19. Juni 2007

Seit Juli 2006 ist das von der damaligen Innenministerin Prokop (ÖVP) verantwortete, von der SPÖ mitbeschlossene und mitgetragene und dem Nachfolger im Innenministerium, Platter verteidigte, Fremdengesetz in Kraft. Die Regierungsparteien sind so weit zufrieden damit und wollen nichts daran ändern, die einen weil sie froh sind, über ein so wirkungsvolles Instrument zur Bewältigung der Ausländer- und Flüchtlingsfrage zu verfügen – die anderen weil daran rühren hieße, einige, wer weiß wie viele, wertvolle Wählerstimmen zu verlieren.

Laut VIDA Bericht ist seit dem letzten Jahr die Anzahl der Schubhäftlinge um das Fünffache gestiegen, während die Asylanträge drastisch zurückgingen.
Ehe ohne Grenzen berichtet von Schikanen gegenüber verheirateten AusländerInnen.
Die einzige Möglichkeit, zu einem Bleiberecht zu kommen ist, den Asylantrag zurückzuziehen, auszureisen ins Herkunftsland und von dort aus einen Antrag auf Bleiberecht beim Ehepartner zu stellen. Dieses Verfahren ist für die Betroffenen teuer, gefährlich und – wie Erfahrungswerte bis jetzt zeigen, nicht unbedingt erfolgversprechend.

KulturmigrantInnen verlieren seit neuestem beim jährlich von neuem erforderlichen Antrag auf Bleiberecht den Vermerk, dass sie verfolgte Künstler sind. Dieser wird nun einfach weggelassen, ohne öffentliche vorherige Ankündigung, oder dass jemand der Betroffenen persönlich vorher verständigt worden wäre. Die Künstler werden jetzt gleich behandelt wie alle anderen Asylsuchenden: ab und zurück ins Herkunftsland und dort Antrag stellen auf Bleiberecht in Österreich.
Für politisch verfolgte Menschen aus Ländern, die mit korrekten juristischen Verfahren nicht viel am Hut haben, keine optimale Alternative.

Eine verschärfte Methode der Schleierfahndung wird seit 2007 praktiziert:
Da ja die Grenzkontrollen innerhalb der Schengen-Länder gefallen sind, wird umso stärker Polizei für Kontrollen in den Zügen aufgeboten. Speziell ausgebildete Polizisten fahren in Zügen mit und sind angewiesen, verdächtige Personen zu kontrollieren. Was genau als „verdächtig“ gilt, dürfte dem subjektiven Ermessen obliegen – geht es hier um Kleidung, Sprache, Hautfarbe, ob jemand raucht, ob jemand Sonnenbrillen trägt … ?

Hier ein Auszug aus einem im Internet geposteten Erfahrungsbericht aus Bayern:
...“ auf der fahrt von salzburg nach münchen wurde ich im zug von zwei polizeibeamten in zivil kontrolliert. diese fragten mich nach meinem ausweis und ob ich "verbotene sachen" dabei habe. auf meine frage warum sie mich kontrollieren, bekam ich nur den begriff "schleierfahndung" als antwort. meine tasche haben sie nicht durchsucht, jedoch gefragt, was ich darin habe und ob ich rauche und zigaretten dabei habe.

als ich am bahnhof in münchen ankam, wurde ich ein zweites mal kontrolliert. auch dieser beamte fragte mich wieder, ob ich verbotene sachen dabei habe und rauchen würde. auf meine (zugegebenermaßen leichtsinnige aussage) ob er denn wenigstens meine tasche durchsuchen wolle, sprang er begeistert an (von ironie hatte er wohl noch nicht viel gehört). er hat meine hosentaschen genauso wie meine reisetasche und meinen rucksack durchsucht, wobei er aber durch meine hinweise, welche seiten- und "geheim"taschen er vergessen habe und dass er in meiner dreckigen unterwäsche ja noch gar nicht gesucht habe, sichtlich irritiert war und immer ungenauer wurde. durch diese taktik hätte ich mit sicherheit größere mengen an drogen schmuggeln können, aber das tut ja nichts zur sache....“

Eine weitere Meinung auf dieser Plattform von einem, der anscheinend schon öfter kontrolliert wurde:

„...im Bayer. Polizeiaufgabengesetz ist die Schleierfahndung genau geregelt. Wie du bereits erkannt hast, handelt es sich um eine verdachtsunabhängige Kontrolle. Die Beamten dürfen dabei ohne Konkreten Verdacht gegen die kontrollierte Person, es reicht einfach aus, dass sie in dem Zug sitzt der aus Salzburg kommt bzw. sich an einem Bahnhof aufhält, die Person kontrollieren, die Personalien feststellen und die Person sowie die von ihr mitgeführten Sachen durchsuchen.

Natürlich muss die Person auf Fragen, die nicht die Personalien betreffen, nicht antworten, eine Verweigerung dürfte aber nicht unbedingt zu einer schnelleren Kotrolle führen, genauso wie schlaue, ironische Sprüche usw., am besten man macht einfach was die Beamten wollen und beantwortet deren Fragen, dann ist es am schnellsten überstanden.

Wen die Beamten kontrollieren, kann man nicht sagen, sie orientieren sich nach ihrer Erfahrung, es kann natürlich auch das Aussehen einer Person ausschlaggebend sein....“

Seit März 2007 gibt es eine neue fremdenpolizeiliche Eingreiftruppe in Salzburg: eine Spezialeinheit, die auf die schockierende Gewaltbereitschaft und kriminelle Energie von Ausländern die richtige Antwort kennt: die Beherrschung der Dienstwaffe.
Die Polizisten sollen in Zivilfahrzeugen mit Laptops unterwegs sein und ihr Ziel sei, zwischen 300-400 Menschen / Tag zu kontrollieren und deren Daten abzugleichen.
Salzburg soll also Hochburg des kulturellen Selbstverständnisses Österreichs bleiben und auf alle, die davon sichtbar abweichen – mit allen Mitteln Jagd gemacht werden.

Ein allgemeines Bettelverbot wird für Wien erwogen. Schon jetzt werden Frauen und Kinder vermehrt aufgegriffen und zurück in ihre östlichen Herkunftsländer geschoben - währenddessen neue Schübe von dort in Bussen wieder angekarrt werden.

Um das Stadtbild von Menschen zu befreien, deren Anderssein oder Armut die positive Weltsicht stört, ist es nicht erfolgversprechend, einfach die Menschen wegzubringen oder wegzusperren. Die Tatsache, dass es Migration gibt, hat – wie wohl jedem klar ist – komplexe weitverzweigte Ursachen – während es die Tendenz der extra für „Ausländer“ geschaffenen Politik ist, diese prinzipiell als kriminell und gewalttätig und von missgünstigem Neid getrieben als Gefahr für die „anständigen“ Menschen hier hinzustellen. Zuschreibungen dieser Art, dem gesunden Volksbewusstsein oder einem diffusen Gefühl entsprungen, erlauben es in Österreich ganzen gesellschaftlich relevanten Gruppen einfach grundlegende Menschenrechte abzusprechen.
Diese Art von Politik liegt im permanenten Widerstreit mit den aufgeklärten Ansätzen der zivilgesellschaftlichen Organisationen wie z.B. Caritas, Diakonie, Asyl in Not, Drehscheibe, ... aber mittlerweile wenden sich auch einzelne Stimmen aus Wirtschaft und sogar aus ÖVP-Kreisen selbst gegen eine restriktive „Ausländer“-Politik.

Die Verlierer der globalisierten Verhältnisse werden immer mehr und machen nicht Halt vor der eigenen Tür – das Beharren auf der Heilheit der Welt, wenn man nur die Türen fest verschliesst gegen alles, was man nicht sehen will – das ist nicht nur einfach Ausdruck einer politischen Meinung – es hat etwas zunehmend Pathologisches.




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